Motorradrennen in Dübendorf 1949

 

Ein Motorradrennen in Dübendorf? Ja, 1949 gabs das tatsächlich. 138 Rennfahrer traten in neun Konkurrenzen gegeneinander an. Die Rundstrecke führte über die Birchlen-, die Neugut und die Überlandstrasse – und war durchaus anspruchsvoll

Das Motorrad-Rundrennen in Dübendorf am Wochenende vom 30./31. Juli 1949 war eine organisatorische Zangengeburt. Der Motor-Sport-Club «Glattal» erlebte eine herbe Enttäuschung, als das im Vorjahr in Rieden-Wallisellen mit Erfolg durchgeführte Motorradrennen infolge der ablehnenden Haltung der Anstösser nicht mehr in Frage kam. Die treibenden Kräfte im Glattal warfen die Flinte nicht so rasch ins Korn, denn dank ihrer Initiative und Ausdauer war es trotzdem möglich, das vielfach bereits abgeschriebene 1949er Rennen doch noch zur Tatsache werden zu lassen. Es mussten 6 Projekte eingereicht werden, bis endlich der Dübendorfer Parcours vom Kanton als auch von den privaten Landbesitzern akzeptiert wurde und der sportfreundliche Dübendorfer Gemeinderat das grüne Licht gab.

Man wunderte sich ob der Widerstände, welche die Motorsportler für die Ausübung ihrer sportlichen Wettkämpfe behördlicherseits begegneten, da überall im Ausland viel grosszügiger vorgegangen wurde. Also Folge der kurzen Vorlaufzeit war nur noch ein Wochenende frei, an welchem schon andere internationale Wettkämpfe ausgeschrieben waren. So wurde aus dem vorgesehenen internationalen Anlass ein nationales Rundstreckenrennen der Schweizer Elite, das für die Schweizer Motorradmeisterschaft zählte.

 

Erfahrungsgemäss hatte die Nord- und Ostschweiz ein sehr starkes Interesse für motorsportliche Geschwindigkeits-Konkurrenzen. Diese Tatsache hat die Züricher Städtische Strassenbahn-Direktion bewogen am Rennwochenende für die Autobuslinien zur Aubrücke und nach dem Mattenhof einen verstärkten Wageneinsatz vorzusehen. Auch die SBB hat sich bereit erklärt, die fahrplanmässigen Züge von Zürich bis Dübendorf zu verstärken. Am Sonntagabend wurde sogar ein Extrazug eingeschaltet.

Der östlichste Punkt der Rundstrecke, die die Form eines Seehundes aufwies, befand sich beim Memphis-Brüggli. Über die Birchlen- und die Neugutstrasse erreichten die Rennfahren im Hochbord bei der Einfahrt in die Überlandstrasse den westlichsten Punkt. Bei den Start- und Zielanlagen an der Ueberlandstrasse waren eine 600 Plätze aufweisende Tribüne sowie weitere Sitzgelegenheiten installiert. Am Sonntag kosteten die teuersten Sitzplätze auf der Zieltribüne Fr. 7.70 und die Stehplätze Fr. 3.50. Militär und Kinder mussten Fr. 1.65 entrichten. Die Preisgelder im 1. Rang reichten von Fr. 108 in 125 ccm Klasse bis zu Fr. 380 für die Seitenwagenfahrer. Davon wurde die eine Hälfte in bar und die andere in natura entrichtet. Für die schnellste Rundenzeit lockte ein weiterer Preis in natura im Wert von Fr. 150 und die Seitenwagenpassagiere konnten eine separate Naturalgabe im Wert von Fr. 15 gewinnen.

Das Rennprogramm mit 138 Fahrern aufgeteilt in neun Konkurrenzen begann am Samstagnachmittag mit den leichten Kategorien und wurde am Sonntagmorgen fortgesetzt. Die Rennfahrten waren anspruchsvoll und rasant. Die verschiedenen Richtungsänderungen des Parcours, darunter eine Spitzkurve von nur 30 Grad, gaben den Kurventechnikern Gelegenheit, ihr Können unter Beweis zu stellen, doch auch die Besitzer von starken Maschinen durften sich wegen den langen Geraden eine Chance ausrechnen. Die Spezialisten der 500 ccm Klasse hatten mit 40 Runden eine Strecke von 104 km zu bewältigen. Sieger Willy Lips aus Dietikon benötigte auf seiner Norton dafür knapp eine Stunde bei einem Stundenmittel von über 108 km.. Selbst die Seitenwagenfahrer fuhren die von ihnen geforderten 25 Runden bis zu 99 Stundenkilometer schnell. Der Dübendorfer Werner Gerber brillierte in einem Spezialrennen mit Handicap auf seiner Velocette-350 mit dem zweiten Rang.

Nach Rennschluss wurde ausgiebig gefeiert. Für den Samstagabend lud das Organisationskomitee zu einem grossen Sport-Ball mit Freinacht und rassiger Musik der Kapelle «Vergissmeinnicht» aus Winterberg im Hotel Bahnhof ein. Die Preise wurden am Sonntagabend im Hotel Hecht in festlichem Rahmen bei Unterhaltung und Tanz verliehen. Diesmal spielte die Kapelle «Dorfbuebe» aus Brüttisellen auf.

Obwohl die Veranstaltung mit schönem Wetter begünstigt war, blieb der Publikumserfolg hinter den Erwartungen zurück. Die Dübendorfer und die Bevölkerung aus der nahen und weiteren Umgebung liessen sich nicht so leicht für den Motorsport begeistern. Das Rennen auf Dübendorfer Boden wurde nicht wiederholt.

 

Urs Müller